Am 5. Oktober, mitten in der Covid-19-Pandemie, verabschiedete die indonesische Volksvertretung (DPR) das “Omnibus-Gesetz zur Schaffung von Arbeitsplätzen”, eine Sammlung von Vorschriften zu Arbeitsrecht, Investitionen und Umwelt, die von Arbeiter*innenbewegungen im ganzen Land vehement bekämpft wurde.
Der Omnibus-Gesetzentwurf ist der Nachfolger des "Masterplans für die Beschleunigung und Ausweitung der wirtschaftlichen Entwicklung Indonesiens" (MP3EI); beide wurden formuliert, um ein “investitionsfreundliches Klima” zu schaffen. Seit der antikommunistischen Säuberung von 1965 hat sich die politische Führung Indonesiens der Förderung des Wirtschaftswachstums und ausländischer Investitionen verschrieben, unabhängig davon, wie diese sich auf das Wohlergehen der arbeitenden Bevölkerung auswirken.
Nun stellen viele der im Omnibus-Gesetz enthaltenen Artikel eine erhebliche Gefahr für das Wohlergehen der arbeitenden Bevölkerung Indonesiens und für die Umwelt dar. Der einzige Zweck des Gesetzentwurfs besteht darin, die Kapitalakkumulation voranzutreiben, das heißt die Due-Diligence-Verfahren für die Erteilung von Geschäftsgenehmigungen zu verkürzen, die Arbeitskosten zu senken, das flexible Arbeitsmarktsystem aufrechtzuerhalten und Gewerkschaftsaktivitäten zu unterdrücken.
Sowohl die Regierung als auch die DVR argumentieren, dass eine einfachere Erteilung von Geschäftsgenehmigungen die Korruption verringern würde. Es ist jedoch bereits deutlich geworden, dass sie dem Großkapital nur Spielraum für die Ausbeutung natürlicher Ressourcen oder den Aufbau von Infrastruktur mit wenig Regulierung geben wird. So werden beispielsweise die Anforderungen an ein vollständiges AMDAL-Verfahren (Umweltverträglichkeitsprüfung), ein Mindeststandard für die Beurteilung von Geschäftsvorgängen, gelockert.
Die “Schaffung von Arbeitsplätzen” ist nichts anderes als ein Vorwand in der Omnibus-Gesetzesvorlage. Die Geschichte des "demographischen Bonus" — die Indonesiens Überfluss an einer Reservearmee von Arbeitskräften impliziert — hat die Verbreitung von niedrig bezahlten Gelegenheitsjobs auf dem flexiblen Arbeitsmarkt Indonesiens gerechtfertigt. Das Gesetz wird zudem die Informalisierung der Arbeit weiter verschärfen und damit die Arbeitsplatzsicherheit und den sozialen Schutz der Arbeiter*innenklasse komplett abschaffen, während diese sowieso fast schon ausgestorben waren.
Aber die Arbeiter*innen im formellen Sektor sind nur allzu vertraut mit Prekarität. Viele von ihnen sind bereits in Gelegenheitsarbeit gefangen oder arbeiten in gefährlichen Umgebungen. Mit der Verabschiedung des Omnibus-Gesetzes wird ihre Anfälligkeit auf alle Sektoren ausgeweitet.
Die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs selbst war ein Verstoß gegen den demokratischen Prozess, an dem nur Vertreter des Kapitals beteiligt waren. Die Arbeitsgruppe, die Feedback zu dem von der Regierung über das koordinierende Wirtschaftsministerium vollständig ausgearbeiteten Gesetzentwurf gab, wurde von den indonesischen Wirtschaftsverbänden dominiert, während Arbeitnehmer*innenvertreter ausgeschlossen waren. Darüber hinaus haben sich sowohl die Regierung als auch die DVR von Anfang an geweigert, den Gesetzesentwurf öffentlich zu machen.
Wegen der Bedrohung, die der Omnibus-Gesetzentwurf für die indonesische Gesellschaft darstellt, haben sich Arbeiter*innen, Studierende, Bäuer*innen und alle Elemente der sozialen Bewegungen mutig dagegen ausgesprochen. Obwohl es gefährlich ist, sich während der Pandemie zu versammeln, gehen heute Hunderttausende von Menschen in verschiedenen Städten auf die Straße.
Gleichzeitig hat die Unterdrückung durch die Polizei dramatisch zugenommen. Viele der Demonstrierenden wurden ohne ordentliches Gerichtsverfahren geschlagen und verhaftet, und Erzählungen über randalierende Demonstranten und Vandalismus finden weiterhin ein Echo bei der Regierung, den Influencern der sozialen Medien und den Mainstream-Medien, um den Protest zu delegitimieren.
Indonesien befindet sich in einer schrecklichen Lage. Wir fordern alle unsere internationalen Genoss*innen auf, sich mit dem Widerstand in Indonesien solidarisch zu zeigen, der sich nicht nur gegen dieses drakonische Gesetz, sondern auch gegen jede Art kapitalistischer Ausbeutung richtet.
Fathimah Fildzah Izzati ist eine marxistisch-feministische Wissenschaftlerin aus Indonesien und Herausgeberin von IndoPROGRESS.
Foto: Monitor Civicus / WikiCommons