Palestine

Kolumbiens Kohleembargo gegen Israel ist ein Vorbild für andere

Kolumbien suspendiert sämtliche Kohleexporte nach Israel.
Kolumbien war Israels größter Kohleexporteur — letzten Samstag gab Präsident Gustavo Petro jedoch bekannt, dass er die Versorgung aufheben würde. Die Mobilisierung in Kolumbien gegen den Genozid in Gaza hat der Welt gezeigt, wie man Druck auf Israel ausübt.

Am 8. Juni gab der kolumbianische Präsident Gustavo Petro bekannt, dass sein Land die Kohleversorgung nach Israel so lange suspendieren würde, bis der Genozid aufhört. Kolumbianische Kohle war im Jahr 2023 für mehr als 60 Prozent der Kohle verantwortlich, die nach Israel geliefert wurde, und das israelische Stromnetz ist zu 22 Prozent auf Kohle angewiesen. Das gleiche Netz versorgt Israels illegale Siedlungen und Waffenfabriken sowie die Infrastruktur, die vom israelischen Militär für den Völkermord an den Palästinenser*innen in Gaza genutzt wird, mit Strom.

Da Kolumbien Israels größter Kohleexporteur ist, stellt diese Entscheidung nicht nur einen symbolischen Sieg dar, sondern zeigt die enormen Auswirkungen, die ein breiteres Energieembargo auf die Beendigung von Israels Genozid in Gaza haben könnte, sowie die Macht der länderübergreifenden Organisation, die diesen Beschluss herbeigeführt hat.

Nur wenige Wochen nach Beginn des Völkermords reagierte die größte kolumbianische Bergarbeitergewerkschaft „Sintracarbón“ auf einen Solidaritätsaufruf der palästinensischen Gewerkschaftsbewegung und gab eine Erklärung heraus, in der sie die Einstellung der kolumbianischen Kohleexporte nach Israel forderte. Mit dieser Forderung hoben die Bergleute auch die schändliche Rolle Israels bei der Ausbildung von Paramilitärs und Söldner*innen hervor, die für die weitverbreiteten Gräueltaten in Kolumbien verantwortlich sind, und riefen Arbeiter*innen weltweit dazu auf, „die Produktion von Metallen, Mineralien und Brennstoffen, die in diesen Kriegen verwendet werden, zu stoppen ... der Planet steht kurz vor einem neuen Weltkrieg, und es sind die Arbeiter*innen, die diese Bedrohung für die Existenz der Menschheit stoppen können und müssen“.

Diesem Aufruf folgend, initiierte eine Koalition palästinensischer Gruppen unter dem Namen Global Energy Embargo for Palestine ( Globales Energieembargo für Palästina) eine breitere Forderung nach einem mehrstufigen Embargo gegen Energietransfers, die den israelischen Völkermord und die Apartheid gegen die Palästinenser*innen speisen. Dazu gehörten Aufforderungen, sowohl den Energietransfer nach Israel als auch den Kauf von israelischem Gas und die Zusammenarbeit von Energieunternehmen in israelischen Energieprojekten zu beenden.

Ein Energieembargo hat das Potenzial, Israel unmittelbar und langfristig unter Druck zu setzen, insbesondere über die Kohleversorgungskette. Der Großteil der israelischen Kohle stammt aus Kolumbien und Südafrika, zwei Staaten, die sich verpflichtet haben, dem palästinensischen Volk beizustehen. Doch obwohl Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof Klage gegen Israel erhob und Kolumbien den israelischen Botschafter auswies, fuhren wurden die Kohleexporte beider Staaten unvermindert fort fortgesetzt.

Die Kampagne „The Global Energy Embargo for Palestine“ wurde aus einer Leidensgemeinschaft heraus gegründet, die sich auf eine Allianz zwischen kolumbianischen Gewerkschaften und Indigenen Gruppierungen stützt, welche beide – auf sehr unterschiedliche Art und Weise – eine lange Leidensgeschichte mit Kolumbiens Kohleindustrie haben. Dieser Zusammenschluss demonstriert, dass die Sache Palästinas in der Welt kein Einzelfall, sondern Teil einer umfassenden globalen Bewegung für kollektives Handeln und Befreiung ist. 

Die beiden Hauptunternehmen, die für die Förderung der für Israel bestimmten Kohle verantwortlich sind, sind die Schweizer Firma Glencore und die US-amerikanische Firma Drummond, die mehr als 90 Prozent der kolumbianischen Kohle nach Israel liefern. Ihr Kohleabbau selbst hat bereits zerstörerische Auswirkungen, vor allem auf die afro-stämmige und indigene Bevölkerung im karibischen Norden des Landes. Diese wurden von ihrem Grund und Boden vertrieben, durch giftigen Kohlenstaub getötet, und lebenswichtige Wasserressourcen wie der Rancheria River wurden verschmutzt und ihnen genommen. Umweltaktivist*innen, Stammesorganisationen und Gewerkschafter*innen, die sich der Umweltzerstörung widersetzen, wurden von Bergbaukonzernen und rechtsextremen Milizen konsequent ins Visier genommen und ermordet.

In ihren Mobilisierungen zogen indigene Führungspersonen Parallelen zwischen den Kämpfen ihres Volkes und Palästina. Sie vereinbarten, von Petro zu fordern, die Handelsbeziehungen mit Israel abzubrechen und die Bergbauunternehmen sowohl für ihre Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien als auch für die Unterstützung des israelischen Genozids zur Verantwortung zu ziehen.

Petros Entschluss erfolgte nach einem länderübergreifenden globalen Aktionstag gegen Glencore wegen Menschenrechtsverletzungen am 28. Mai, an dem palästinensische Organisationen direkt an den Präsidenten schrieben und von ihm forderten, den Kohleexport einzustellen.

Diese Mobilisierung führte zur der beeindruckenden Entscheidung Kolumbiens, seine Kohleexporte nach Israel einzustellen. Dies zeigt klar, wie eine grenzübergreifende Mobilisierung mit gleichen Prinzipien und Werten und klaren Forderungen eine wirkungsvolle Kampagne hervorbringen kann, die die globalen Mächte, den Imperialismus und den Kolonialismus herausfordert. 

Berichten zufolge verfügt Israel über genügend Kohlereserven, um den unmittelbaren Bedarf zu decken. Jedoch werden sie sich an andere Lieferanten wie Australien, Kasachstan, Russland und Südafrika wenden müssen, um das Defizit zu beheben, und dabei wahrscheinlich gezwungen sein, höhere Preise zu zahlen. 

Dies macht die Notwendigkeit eines globalen Energieembargos nochmals sehr deutlich. Sollten andere Staaten Kolumbiens Beispiel folgen und sich dazu verpflichten, ihre Kohlelieferungen einzustellen, dann werden die wirtschaftlichen Kosten Israels noch weiter steigen, was als wichtiges Druckmittel in der Einigung um einen Waffenstillstand gilt.

Kolumbiens Beschluss ist lediglich der Beginn einer globalen Kampagne, den Genozid zu beenden und dem palästinensischen Volk nach sieben Jahrzehnten kolonialer Herrschaft und Apartheid durch Israel Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. 

Es war die Solidarität zwischen Kolumbien und Palästina, die die Wahrscheinlichkeit erhöhte, dass die kolumbianische Regierung den Forderungen nachkommt. Unter anderen Umständen sind wohl stärkere Mobilisierungen erforderlich, um Wirkung zu zeigen. Aber auch andere wichtige Staaten wie Südafrika, das rund 9 Prozent der israelischen Kohle liefert, oder Brasilien, das Israel mit Rohölexporten beliefert, sollten von globalen Mobilisierungen ins Visier genommen werden.

Jene Staaten und internationale Führungskräfte, die dem Aufruf nicht folgen, werden weiterhin Komplizen des israelischen Völkermords in Gaza sein. Ein Energieembargo ist ein entscheidender Weg, um dieses Bündnis zu beenden – und für die Weltgemeinschaft, prinzipiell Stellung zu beziehen und dem palästinensischen Volk beizustehen.

Rula Jamal ist Juristin und setzt sich für Menschenrechte ein.

Available in
EnglishSpanishGermanPortuguese (Brazil)ArabicItalian (Standard)
Translators
Sabine Kästner, Nathalie Guizilin and ProZ Pro Bono
Date
10.07.2024
Source
JacobinOriginal article🔗
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