Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass der Widerstand gegen einen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) an Kenia von den kenianischen Behörden als kriminelle Handlung angesehen werden würde. Aber genau das geschah Anfang April, als der Aktivist Mutemi Kiama verhaftet und wegen "Missbrauchs digitaler Geräte", "Verletzung der Präsidentschaft", "Erregung öffentlichen Ärgernisses" und anderer verschwommen formulierter Vergehen angeklagt wurde. Mutemis Verhaftung wurde dadurch ausgelöst, dass er auf Twitter ein Bild von Präsident Uhuru Kenyatta mit der folgenden Bildunterschrift gepostet hatte: "Hiermit benachrichtige ich die Welt..., dass die Person, deren Foto und Namen oben erscheinen, nicht autorisiert ist, im Namen der Bürger der Republik Kenia zu handeln oder zu verhandeln, und dass die Nation und zukünftige Generationen nicht für irgendwelche Strafen für faule Kredite, die von ihm ausgehandelt und/oder geliehen wurden, haftbar gemacht werden sollen." Er wurde gegen eine Kaution von KSh. 500.000 in bar freigelassen, mit einer Verfügung, die ihm verbietet, seine Social-Media-Konten zu nutzen oder über COVID-19-bezogene Kredite zu sprechen.
Mutemi ist einer von mehr als 200.000 Menschen in Kenia, die eine Petition an den IWF unterschrieben haben, einen Kredit in Höhe von 257 Mrd. KSh (2,3 Mrd. US$) an Kenia zu stoppen, der angeblich aufgenommen wurde, um das Land gegen die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 abzufedern. Kenia ist nicht das einzige Land, dessen Bürger*innen sich gegen einen IWF-Kredit ausgesprochen haben. Proteste gegen IWF-Kredite gab es in vielen Ländern, darunter auch in Argentinien, wo die Menschen 2018 auf die Straße gingen, als das Land einen Kredit vom IWF in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar aufnahm. Im Jahr 2016 waren die ägyptischen Autoritäten gezwungen, die Treibstoffpreise zu senken, nachdem es zu Protesten gegen eine vom IWF unterstützte Entscheidung zur Abschaffung der Treibstoffsubventionen gekommen war. Ähnliche Proteste gab es in den letzten Jahren auch in Jordanien, Libanon und Ecuador.
Warum sollten die Bürger*innen eines Landes gegen einen Kredit sein, der von einer internationalen Finanzinstitution wie dem IWF vergeben wird? Nun, für die Kenianer*innen, die die Strukturanpassungsprogramme (SAPs) des IWF und der Weltbank in den 80er und 90er Jahren (gerade so) überlebt haben, ist die Antwort offensichtlich. Die SAPs waren an strenge Bedingungen geknüpft, die zu vielen Entlassungen im öffentlichen Dienst und zur Streichung von Subventionen für wesentliche Dienstleistungen wie Gesundheit und Bildung führten, was vor allem in den mittleren und unteren Einkommensschichten zu wachsender Not und Prekarität führte. Afrikanische Länder, die sich SAPs unterzogen, erlebten das, was oft als "verlorenes Entwicklungsjahrzehnt" bezeichnet wird, da die Sparmaßnahmen Entwicklungsprogramme zum Stillstand brachten und die wirtschaftlichen Möglichkeiten verkümmerten.
Zudem verloren die kreditnehmenden afrikanischen Länder ihre Unabhängigkeit in Fragen der Wirtschaftspolitik. Kreditgeber wie die Weltbank und der IWF bestimmen die nationale Wirtschaftspolitik, z.B. indem sie Dinge wie die Haushaltsführung, die Wechselkurse und die Beteiligung des öffentlichen Sektors an der Wirtschaft festlegen. So wurden sie "de facto" zu den politischen Entscheidungsträgern in den Ländern, die ihre Kredite aufnahmen. Aus diesem Grund waren die Kenianer*innen oft sehr beunruhigt, jedesmal als die Ankunft einer Weltbank- oder IWF-Delegation in Nairobi in den 1980er und 1990er Jahren stattfand.
Damals (nach dem Anstieg der Ölpreise im Jahr 1979, der in den meisten afrikanischen Ländern zu einem Anstieg der Importausgaben und einem Rückgang der Exporteinnahmen führte) waren die Leiter dieser internationalen Finanzinstitutionen ebenso gefürchtet wie der autoritäre kenianische Präsident Daniel arap Moi, denn mit einem "Federstrich" konnten sie die kenianische Währung über Nacht abwerten und große Teile des öffentlichen Dienstes entlassen. Wie der kenianische Wirtschaftswissenschaftler David Ndii kürzlich auf einer von der Linda Katiba-Kampagne organisierten Pressekonferenz betonte: Wenn der IWF an die Tür klopft, bedeutet das im Wesentlichen, dass das Land "unter Pleite-Verwaltung" steht. Es kann nicht mehr seine eigene Wirtschaftspolitik bestimmen. Länder verlieren einfach ihre Souveränität, etwas das den Technokrat*innen, die sich beeilten, diesen bestimmten Kredit zu bekommen, entgangen zu sein scheint.
Als Präsident Mwai Kibaki 2002 sein Amt antrat, hielt er die Weltbank und den IWF auf Distanz und zog es vor, Infrastrukturkredite ohne Verpflichtungen von China anzunehmen. Kibakis "Look East"-Wirtschaftspolitik alarmierte die Bretton-Woods-Institutionen und die westlichen Geber, die bis dahin einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Landes hatten. Aber es gab den Menschen in Kenia ein stolzes Gefühl der Unabhängigkeit. Leider wurde dieses Gefühl von Uhuru Kenyatta und seinen unfähigen Kumpanen ausgehöhlt, da sie auf "Kreditfangexpeditionen" gingen, z.B. von massiven Eurobonds im Wert von 692 Mrd. Sh (fast 7 Mrd. USD). Das bedeutet, dass jeder Mensch in Kenia heute mit 137.000 Sh verschuldet ist, mehr als dreimal so viel wie vor acht Jahren, als die Regierung der Jubilee-Partei an die Macht kam. Ende letzten Jahres lag die Verschuldung Kenias bei fast 70 Prozent des BIP, gegenüber 50 Prozent Ende 2015. Diese hohe Verschuldung kann sich für ein Land wie Kenia, das sich in Fremdwährungen verschuldet, als tödlich erweisen.
Die Jubilee-Regierung möchte uns glauben machen, dass die Tatsache, dass der IWF diesem Kredit zugestimmt hat, ein Zeichen dafür ist, dass das Land wirtschaftlich gesund ist. Aber wie Ndii anmerkte, ist ziemlich oft das Gegenteil der Fall: Der IWF kommt genau dann ins Spiel, wenn sich ein Land in einer Finanzkrise befindet. Im Falle Kenias wurde diese Krise durch die rücksichtslose Kreditaufnahme der Jubilee-Regierung ausgelöst, die dazu führte, dass Kenias Schulden von 630 Milliarden KSh (ca. 6 Mrd. USD zum heutigen Wechselkurs) bei Kibakis Amtsantritt 2002 auf heute schwindelerregende 7,2 Billionen KSh (ca. 70 Mrd. USD) anstiegen, ohne viel vorzuweisen, außer einer mit chinesischen Krediten finanzierten Standardspurbahn, die sich offenbar nicht selbst tragen kann. Wie ein Artikel in einer lokalen Tageszeitung darlegte, ist das genug Geld, um 17 Standardspurbahnen von Mombasa nach Nairobi oder 154 Superautobahnen wie diejenige von Nairobi nach Thika zu bauen. Die Tragödie ist, dass viele dieser Kredite nicht belegt sind; tatsächlich glauben viele Kenianer*innen, dass sie genommen wurden, um persönliche Taschen zu füllen. Uhuru Kenyatta hat selbst zugegeben, dass Kenia täglich 2 Milliarden KSh durch Korruption in der Regierung verliert. Einige dieser verlorenen Milliarden könnten tatsächlich Kredite sein.
IWF-Kredite, die an strenge Bedingungen geknüpft sind, werden oft als die Lösung für die wirtschaftlichen Probleme eines Landes dargestellt. Dadurch wird der "Gürtel enger geschnallt" und die Wirtschaft eines Landes durch höhere Einnahmen und geringere Ausgaben "in die Schranken gewiesen". Der eigentliche Zweck dieser Kredite, so argumentieren einige, besteht jedoch darin, große und grundlegende politische Veränderungen auf nationaler Ebene herbeizuführen, die das neoliberale Ethos unserer Zeit widerspiegeln, mit Privatisierung, freien Märkten und Deregulierung.
Das erste unheilvolle Zeichen, dass die kenianische Regierung im Begriff war, einen gefährlichen wirtschaftlichen Weg einzuschlagen, war, als die Chefin des IWF, Christine Lagarde, kurz nach der Wahl von Präsident Uhuru im Jahr 2013 einen offiziellen Besuch in Kenia machte. Ich erinnere mich, damals getwittert zu haben, dass das kein gutes Omen sei; es deutete darauf hin, dass der IWF sich darauf vorbereitete, Kenia wieder in den Schoß des IWF zu holen.
Naomi Kleins Buch Die Schock-Doktrin zeigt, wie das, was sie "Katastrophen-Kapitalismus" nennt, insbesondere dem IWF erlaubt hat, Nationen, die von Natur- oder von Menschen verursachten Katastrophen oder hohen Auslandsschulden betroffen sind, eine "Schocktherapie" zu verpassen. Dies hat zu unnötigen Privatisierungen von Staatsvermögen, staatlicher Deregulierung, massiven Entlassungen von Staatsbediensteten und der Reduzierung oder Abschaffung von Subventionen geführt, was alles zu wachsender Armut und Ungleichheit führen kann und wird. Klein kritisiert insbesondere die so genannte Chicago School of Economics, die ihrer Meinung nach Gier, Korruption, Diebstahl öffentlicher Ressourcen und persönliche Bereicherung rechtfertigt, solange sie der Sache der freien Märkte und des Neoliberalismus dienen. Sie zeigt, wie in fast jedem Land, in dem die "Medizin" des IWF verabreicht wurde, das Niveau der Ungleichheit eskaliert ist und die Armut systemisch geworden ist.
Manchmal erzeugt der IWF eine Pseudokrise in einem Land, um es zu zwingen, einen IWF-Rettungskredit zu erhalten. Oder er lässt das Land durch sorgfältig manipulierte Daten wirtschaftlich gesund wirken, damit es so aussieht, als könne es weitere Kredite beantragen. Wenn das Land die Kredite nicht zurückzahlen kann, was oft passiert, zwingt der IWF das Land zu noch mehr Sparmaßnahmen (auch "Konditionalitäten" genannt), die zu noch mehr Armut und Ungleichheit führen.
IWF- und Weltbank-Kredite für Infrastrukturprojekte kommen auch westlichen Konzernen zugute. Private Unternehmen stellen Expert*innen ein, um sicherzustellen, dass diese Unternehmen Regierungsaufträge für große Infrastrukturprojekte erhalten, die von diesen internationalen Finanzinstitutionen finanziert werden. Unternehmen in reichen Ländern wie den Vereinigten Staaten stellen oft Leute ein, die in ihrem Namen die Ausschreibungen durchführen. In seinem internationalen "Mundpropaganda-Bestseller", Confessions of an Economic Hit Man, erklärt John Perkins, wie ihm in den 1970er Jahren, als er für eine internationale Beratungsfirma arbeitete, gesagt wurde, dass es seine Aufgabe sei, "Geld von der Weltbank, der US-Agentur für internationale Entwicklung und anderen ausländischen Hilfsorganisationen in die Kassen riesiger Konzerne und in die Taschen einiger weniger reicher Familien zu leiten, die die Ressourcen des Planeten kontrollieren".
Die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, so gab sein Arbeitgeber unumwunden zu, könnten "betrügerische Finanzberichte, manipulierte Wahlen, Bestechungsgelder, Erpressung, Sex und Mord" beinhalten. Perkins zeigte, wie er in den 1970er Jahren maßgeblich an der Vermittlung von Geschäften mit Ländern von Panama bis Saudi-Arabien beteiligt war, bei denen er die Anführer davon überzeugte, Projekte zu akzeptieren, die für die eigene Bevölkerung nachteilig waren, aber den Interessen der US-Unternehmen enorm zugute kamen.
"Am Ende werden diese Anführer in ein Netz von Schulden verstrickt, das ihre Loyalität sicherstellt. Wir können auf sie zurückgreifen, wann immer wir wollen – um unsere politischen, wirtschaftlichen oder militärischen Bedürfnisse zu befriedigen. Im Gegenzug stärken sie ihre politischen Positionen, indem sie Industrieparks, Kraftwerke und Flughäfen zu ihrem Volk bringen. Die Besitzer*innen von US-Ingenieur- und Baufirmen werden märchenhaft reich", sagte ihm ein Kollege auf die Frage, warum sein Job so wichtig sei.
Die Kenianer*innen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie, die im letzten Jahr fast 2 Millionen Arbeitsplätze im formellen Sektor verschwinden ließ, bereits finanziell leiden, werden nun mit Sparmaßnahmen konfrontiert, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, an dem sie staatliche Subventionen und soziale Sicherheitsnetze benötigen. "Staffel zwei" der Strukturanpassungsprogramme wird das Leben der Kenianer*innen kurz- und mittelfristig wahrscheinlich noch miserabler machen.
Es bleibt abzuwarten, ob die allgemeine Unzufriedenheit mit der Regierung das Ergebnis der Wahlen im Jahr 2022 beeinflussen wird. Doch wer auch immer diese Wahl gewinnt, wird immer noch mit den steigenden Schulden und den unhaltbaren Rückzahlungen zu kämpfen haben, die zum dauerhaftesten Erbe von Präsident Uhuru Kenyatta geworden sind.
Rasna Warah ist eine kenianische Schriftstellerin und Journalistin. Zuvor war sie Redakteurin beim Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (UN-Habitat). Sie hat zwei Bücher über Somalia veröffentlicht – War Crimes (2014) und Mogadishu Then and Now (2012) – und ist die Autorin von UNsilenced (2016) und Triple Heritage (1998).
Foto: Kelvin Ogome