Briefing

PI-Rundbrief | Nr. 38 | Für eine humane Weltordnung

Aus Kuala Lumpur werden wir aufgerufen, die Welt aus den Ruinen des Imperiums wiederaufzubauen.
Im achtunddreißigsten Rundbrief der Progressiven Internationale von 2025 berichten wir, wie Trumps Rede vor der israelischen Knesset die Konferenz von Kuala Lumpur über eine neue gerechte und humane Weltordnung deutlich zum Tragen bringt.

Das grausame Gesicht des Imperiums kam am Montag, den 13. Oktober 2025, in Jerusalem voll zur Geltung, als US-Präsident Donald Trump über eine Stunde lang vor der israelischen Knesset sprach. Er erachtete den Gaza-Krieg als Triumph, setzte sich für die Begnadigung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu ein, stellte Privatvermögen als Motor der US-Politik zur Schau und sprach vom Frieden als Preis für die Mächtigen.

„Sie haben gewonnen“, sagte Trump vor den israelischen Gesetzgebern. „Jetzt ist es an der Zeit, diese Siege ... in den ultimativen Preis des Friedens umzusetzen.“ Er prahlte mit seiner Schuld gegenüber den Adelsons für seine Entscheidung, die geteilte Stadt Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die israelische Kontrolle über die besetzten Golanhöhen zu unterstützen – „Miriam und Sheldon... sie würden mich anrufen… sie hat sechzig Milliarden auf der Bank“ – als ob Geld ein legitimes Instrument für die Demokratie und Diplomatie wäre. Er nannte die Zerstörung des Gazastreifens „den historischen Beginn eines neuen Nahen Ostens“.

Die Rede vor der Knesset, voller Überheblichkeit und Anmaßung, war eine Erklärung der imperialen Logik in ihrer Rohform: der Verschmelzung von militärischer Herrschaft, finanzieller Macht und der Umwandlung von Gewalt in Tugend.

Vor dem Hintergrund dieses Spektakels – der zur Legitimität proklamierten Gesetzlosigkeit, des Mammons, der die Außenpolitik bestimmt, des Krieges, der in die Sprache des Friedens gekleidet wurde – muss die Konferenz von Kuala Lumpur über eine neue gerechte und humane Weltordnung der vergangenen Woche verstanden werden. Während Trump das Herrschaftsskript der alten Ordnung probte, fand in Kuala Lumpur eine Versammlung statt, um sich ihren Sturz auszumalen.

Die Konferenz brachte Minister*innen, Wissenschaftler*innen und Bewegungsführer*innen aus der ganzen Welt zusammen, um eine kollektive Antwort auf den Zusammenbruch der sogenannten regelbasierten Ordnung zu finden. Die Versammlung, die von der Progressiven Internationale, dem Third World Network und Polity mit Unterstützung des malaysischen Premierministers einberufen wurde, versuchte, den wachsenden moralischen Konsens gegen die imperiale Heuchelei in ein kohärentes politisches Programm umzuwandeln – in den Fußstapfen der Haager Gruppe für Palästina, zu deren Gründungsmitglieder auch Malaysia gehört.

Die Delegierten diagnostizierten ein System, das an seinen eigenen Widersprüchen zugrunde geht – eine Ordnung, die sich auf Gesetze beruft, um ihre Herrschaft zu rechtfertigen, und sie gleichzeitig ungestraft verletzt. „Namibia ist ein Kind der internationalen Solidarität“, sagte Yvonne Dausab, ehemalige Justizministerin Namibias, und forderte die afrikanischen Staaten auf, „die kollektive Macht des Volkes“ wiederherzustellen und die Reparationsagenda der AU zu einem lebendigen Projekt zu machen.

Raja Dato' Nurshirwan Zainal Abidin aus Malaysia, Generaldirektor für nationale Sicherheit, warnte davor, dass „diejenigen, die nicht am Tisch sitzen, auf dem Tisch sind“, und forderte die Regierungen des Südens auf, moralische Legitimität in materielle Macht umzuwandeln. Rob Davies, Südafrikas ehemaliger Handelsminister, beschrieb, wie der Norden „einseitig die Regeln, die er uns auferlegt hatte, aufgegeben habe“ und zur „rohen, ungefilterten Macht“ zurückgekehrt sei. Kinda Mohamadieh vom Third World Network warnte davor, dass die neue Weltordnung „eher die Form von brutaler Macht anstatt multilateraler Praxis annehmen könnte“, sofern der Süden nicht mit Klarheit und Mut zusammenarbeitet.

Alvin Botes, Südafrikas stellvertretender Minister für internationale Beziehungen, berief sich auf O. R. Tambos Überzeugung, dass die Befreiung eines Volkes mit der Befreiung aller verbunden ist. „Völkermord zu verhindern“, sagte er, „ist eine gemeinsame Pflicht.“

Jeremy Corbyn, Mitglied des PI-Rats, erklärte, die bestehende Ordnung sei „auf kolonialer Macht aufgebaut, von der wirtschaftlichen Vorherrschaft gestützt und als zivilisatorisches Projekt gerechtfertigt worden“. Der Ausdruck „regelbasierte Ordnung“, so sagte er, „bedeutet Regeln für andere und Straflosigkeit für sich selbst“.

Er lobte die Regierungen des Südens – Malaysia, Südafrika, Kolumbien, Honduras, Bolivien – dafür, dass sie die Menschheit verteidigt hätten, wo sich die westlichen Mächte zurückgehalten hätten. Die Solidarität mit Palästina und die Verteidigung des Völkerrechts, so betonte er, seien „die moralische Grenze unserer Zeit“.

In seiner Grundsatzrede vertiefte Premierminister Anwar Ibrahim dieses Argument. Er zitierte Fanon und warnte davor, dass die postkolonialen Eliten Gefahr liefen, „genauso bankrott zu gehen wie die Kolonisatoren, die sie ersetzt haben“. „Ungerechtigkeit zu akzeptieren“, sagte er, „bedeutet, die Zivilisation aufzugeben.“ Er verurteilte die Heuchelei von Führern, die Menschenrechte predigen, während sie gleichzeitig die Vernichtung des Gazastreifens entschuldigen, und erklärte: „Wenn das Recht selektiv wird, wird es zu Propaganda.“

In der letzten Plenarsitzung unter dem Vorsitz von Varsha Gandikota-Nellutla von der Progressiven Internationale sprach Saleh Hijazi vom palästinensischen BDS-Nationalkomitee von der „vorsichtigen und widerwilligen“ Erleichterung nach dem jüngsten Waffenstillstand im Gazastreifen – auf jede vorherige Atempause, so stellte er fest, wäre ein weiteres Massaker gefolgt.

Er beschrieb die Ermordung von Jihad Jarrar, einem 26-jährigen Palästinenser, der in der Nacht der Ankündigung des Waffenstillstands von Siedlern ermordet worden war, als Einblick in die „volle Treibkraft der ethnischen Säuberung und der Schaffung von Bantustans“. Der sogenannte Friedensplan, so Hijazi, sollte bei seinem richtigen Namen genannt werden: „Der Völkermordplan von Trump und Netanjahu“.

Er bekräftigte, dass die Rechte der Palästinenser*innen unveräußerlich seien; jeder Frieden ohne Gerechtigkeit sei lediglich eine Fortsetzung des Krieges. Der Plan entstand, warnte er, weil Israel zunehmend isoliert ist – von Basisbewegungen, Regierungen wie Kolumbien und Malaysia und der Haager Gruppe, die moralische Empörung in politischen Druck umgewandelt haben. Der palästinensische Widerstand ist nicht allein. „Was die Palästinenser*innen fordern“, schloss er, „ist, dass die Welt diese Isolation – durch Boykott, Desinvestition und Sanktionen – fortführt, bis die Apartheid und der Genozid beseitigt sind.“ Er endete mit Mahmoud Darwish: „Belagere deine Belagerung.“

Aus Kuala Lumpur hallt eine Botschaft durch den globalen Süden: Das Zeitalter der westlichen Straflosigkeit geht zu Ende. Unsere Aufgabe besteht jetzt nicht nur darin, die alte Ordnung zu verurteilen, sondern eine neue aufzubauen – human, moralisch und auf der Gleichheit der Nationen beruhend.

Dieses Projekt beginnt wie immer mit Solidarität.

Das Neueste aus der Bewegung

Vierter Weltkongress für Marxismus

Am 11. und 12. Oktober 2025 richtete die School of Marxism der Pekin-Universität den Vierten Weltkongress über den Marxismus aus. Die Progressive Internationale war zusammen mit Hunderten von führenden Wissenschaftler*innen aus zahlreichen Ländern anwesend, darunter Vertreter*innen von Mitglieds- und Partnerorganisationen. Sie reisten nach Peking, um über das Thema „Marxismus und menschliche Zivilisation“ zu diskutieren und darüber nachzudenken, wie das marxistische Gedankengut weiterhin den Weg zu Gleichheit, Gerechtigkeit und Wohlstand für alle weist. Die Podiumsdiskussionen befassten sich mit verschiedenen Themen, von der Natur des Sozialismus im 21. Jahrhundert über die globale Regierungsführung bis hin zu den Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf unser Verständnis des Kapitalismus. Die Progressive Internationale wurde durch den politischen Koordinator Paweł Wargan vertreten, der einen gemeinsam mit Jason Hickel verfassten Artikel über Chinas Modell der „Volksdemokratie durch den gesamten Prozess“ vorstellte.

Gesetz über das Recht auf Information in Indien wird 20 Jahre alt

Der Right to Information Act (RTI), ein wegweisendes Gesetz, das es den Bürger*innen ermöglicht, Transparenz und Rechenschaftspflicht von der Regierung zu fordern, existiert nun schon seit Jahrzehnten. Zur Erinnerung an diesen Meilenstein und die Gründung des RTI Museums in Beawar, Rajasthan – genau der Stadt, in der vor fast 30 Jahren eine friedliche Sitzblockade die Bewegung auslöste – organisierte der Mazdoor Kisan Shakti Sangathan (MKSS), ein Mitglied von PI, eine öffentliche Messe.

Bei der Veranstaltung wurde das RTI-Gesetz gefeiert, das Informationen grundlegend zu einem mächtigen Instrument für normale Menschen gemacht hat. Auf der Messe hielten die Aktivist*innen und Gründer*innen von MKSS, Aruna Roy und Nikhil Dey, die maßgeblich an der Verabschiedung des Gesetzes beteiligt waren, Reden. Neben diesen Ansprachen gab es zahlreiche interaktive Workshops, die darauf abzielten, Teilnehmer*innen aus benachbarten Gebieten zu informieren und zu stärken. Dabei wurden die Vorteile des RTI hervorgehoben und praktische Anleitungen gegeben, wie er effektiv eingesetzt werden kann, um die Regierung zur Rechenschaft zu ziehen.

Kunst der Woche

Tikar/Meja (Mat/Table) ist eine von sechzig Matten von Yee I-Lann, die in Zusammenarbeit mit Gemeinden aus dem malaysischen Bundesstaat Sabah im Norden Borneos hergestellt wurden. Jede der sechzig Matten, die von den historisch nomadischen und am Meeresufer lebenden Bajau Sama Dilaut, traditionellen Tikar-Weber*innen und Wissensträger*innen, hergestellt wurden, zeigt das Bild eines Tisches. Die Tische „stehen für administrative Macht und Kontrolle – koloniale, patriarchalische, föderale und staatliche Kontrolle. Tische sind das Gegenteil der hierarchiefreien, von Frauen geschaffenen und gemeinschaftsbasierten offenen Tikar-Plattform.“

Yee I-Lann ist eine zeitgenössische Künstlerin, geboren 1971 in Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia. Ihre Herkunft ist gemischt aus neuseeländischen Pākehā, Hakka-Chinesen und Sino-Kadazan-Muru, eine indigene ethnische Gruppe von Sabah. Ihre Werke untersuchen die Macht, den Kolonialismus und den Neokolonialismus in Südostasien und den Einfluss der historischen Erinnerungskraft auf soziale Erfahrungen.

Available in
EnglishSpanishGermanPortuguese (Brazil)FrenchPolish
Translator
Nathalie Guizilin
Date
18.10.2025
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