Der Budgetentwurf des Verteidigungsministeriums für 2021 ist zu einem umkämpften Terrain geworden zwischen einem progressiven Flügel der Demokraten, der versucht, die schier endlosen Militärausgaben zu kürzen, und einer von den Republikanern geführten Zwei-Parteien-Koalition, die sich darauf konzentriert, die Ausgaben zu erhöhen, um angesichts angeblicher Drohungen aus Russland und China "wettbewerbsfähig zu bleiben".
Am 21. Juli verabschiedete das Repräsentantenhaus seine Version des “National Defense Authorization Act” (NDAA) für das Finanzjahr 2021 — mit einer Erhöhung der festgelegten Verteidigungsausgaben von 738 Milliarden Dollar im Jahr 2020 auf ein Paket von 740 Milliarden Dollar für 2021. Der Senat schloss sich dem am 23. Juli an.
Ein Änderungsantrag, der von den Abgeordneten Mark Pocan (Demokraten,Wisconsin) und Pramila Jayapal (Demokraten, Washington) im Repräsentantenhaus sowie Senator Bernie Sanders (Unabhängig, Vermont) im Senat eingebracht wurde, forderte eine bescheidene zehnprozentige Senkung der Militärausgaben zugunsten der Finanzierung von Sozialprogrammen. Pocan und Jayapal forderten den Kongress auf, sich von seiner militaristischen Orthodoxie zu lösen. Man solle nicht "einen in die Höhe schnellenden Pentagon-Haushalt billigen" und gleichzeitig die Sozialausgaben kürzen. Zur Erinnerung: 2019 gaben die Vereinigten Staaten mehr Geld für ihr Militär aus als die nächsten neun Länder zusammen.
Dieser bescheidene progressive Änderungsantrag wurde in beiden Kammern von einer Wucht der Sinophobie, des anti-chinesischen Militarismus und einer Mentalität des Neuen Kalten Krieges, die in Washington überparteiliche Macht hat, überstimmt und abgelehnt.
Der Abgeordnete Don Bacon (Republikaner, Nevada) lehnte den Änderungsantrag ab und twitterte: "Russland, China & Iran wären begeistert!" In ähnlicher Weise präsentierte der Abgeordnete Steve Womack stolz seine Zustimmung zur Genehmigung des Rekord-Verteidigungshaushalts und nannte ihn eine "Investition, um Gegnern wie China entgegenzuwirken"
Für andere reichte die bloße Absegnung eines weiteren massiven Militärbudgets nicht aus, um ihre anti-chinesische Haltung zu beweisen. Der Abgeordnete Michael Waltz (Republikaner, Florida) drückte einen Änderungsantrag in den Gesetzesentwurf, der die Mittel des Verteidigungsministeriums für Universitäten kürzen würde, die Konfuzius-Institute oder das Chinese Thousand Talent Program beherbergen — Initiativen, von denen Waltz behauptet, sie hätten "dem kommunistischen Regime des chinesischen Festlandes die Freiheit gegeben, unsere akademische Offenheit voll auszunutzen und sie zu stehlen". Um nicht übertroffen zu werden, forderte der Abgeordnete Ken Buck (Republikaner, Colorado), dass die in chinesischem Besitz befindliche Social-Media-App TikTok von den Geräten der Regierung verbannt werden müsse.
Senator Mitt Romney startete im Senat ähnliche anti-chinesische Angriffe auf den Sanders-Antrag. Während Sanders seine Kollegen anflehte, "in unser Volk hier zu Hause zu investieren", während dieses mit Zwangsräumungen, Obdachlosigkeit und Arbeitslosigkeit zu kämpfen habe, die durch die verpfuschte COVID-19 Reaktion der US-Regierung noch verschlimmert wurden, warnte Romney fälschlicherweise, dass China die US-Ausgaben für Militärbeschaffung angleiche (ab 2019 betrugen Chinas jährliche Militärausgaben insgesamt 178 Milliarden Dollar — im Vergleich zu den US-Ausgaben in Höhe von 658 Milliarden Dollar). Er zeichnete ein düsteres Bild von der Zukunft unter dem angeblichen Plan der Kommunistischen Partei Chinas zur Weltherrschaft:
"Sie wollen uns aufs Korn nehmen. Können Sie sich die Folgen vorstellen, wenn eine Nation, die nicht an die Menschenrechte glaubt, mit nur einer Partei ... wenn sie die überwältigende militärische Macht in der Welt hat? Das ist der Weg, den wir drohen, einzuschlagen."
—Senator Mitt Romney
Die Scheinheiligkeit ist schwer zu übersehen: Massive Militärausgaben gegen eine imaginäre Bedrohung durch China einerseits, während die USA andererseits durch ihre weiterhin ungelöste COVID-19 Krise irren, indem Ausgaben zur Unterstützung von Tests oder Notfallgelder zur Unterstützung der Bevölkerung abgelehnt werden. Eine progressive Koalition, die den Änderungsantrag unterstützte, stellte fest, dass das Budget des “Center for Disease Control” im Jahr 2019 mit sieben Milliarden US-Dollar weniger als ein Prozent des Pentagon-Budgets ausmachte. Unter dem Deckmantel der "Bedrohung durch China" vergibt der Kongress weiterhin bodenlos Mittel für endlosen Krieg und Militarisierung, während er seine eigene Bevölkerung vernachlässigt.
Das "Eindämmungsprogramm” gegen China, ein seit mindestens einem halben Jahrhundert wiederkehrender Archetyp in der US-Militärstrategie in Asien, spielt also erneut eine zentrale Rolle im Kampf um die Militärausgaben des Jahres 2021. Eine kürzlich veröffentlichte budgetäre Wunschliste des Indo-Pazifik-Kommandos mit dem Titel "REGAIN THE ADVANTAGE" (“Den Vorteil wiederherstellen”) versucht, die militärische Hegemonie der USA in Asien und im Pazifik mit Verweis auf ein "aggressives" China zu festigen. Die imperialistische Forderung, einen "asymmetrischen Vorteil" gegenüber China zu behalten, steht in direktem Gegensatz zu den Kämpfen gegen den US-Militarismus, die vom Volk von Ryukyu (Okinawa), Guam, Hawai'i (wo die USA planen, im August internationale "Kriegsübungen" auszurichten) und darüber hinaus von allen Ländern geführt werden. All diese Gebiete eint, dass es auf ihrem Territorium Pläne für eine Ausweitung der Raketen-, Radar- und Präzisionsschlagnetze gibt.
Die Scheinheiligkeit ist schwer zu übersehen: massiver Militärausgaben gegen eine imaginäre Bedrohung durch China einerseits, während die USA andererseits durch ihre weiterhin ungelöste COVID-19 Krise irren.
Senator Jim Inhofe (Republikaner, Oklahoma) begründete den massiven Militärhaushalt mit der Indo-Pazifik-Strategie und bezeichnete die Region als "unsere Priorität, insbesondere da China seine Reichweite und seinen Einfluss ausweitet".
Die erfundene Darstellung einer chinesischen Aggression und des Expansionismus — in direktem Widerspruch zu Chinas außenpolitischer Doktrin der multilateralen Zusammenarbeit im Hinblick auf eine "gemeinsame Zukunft für die Menschheit" — hat die Neuausrichtung der US-Militärstrategie des letzten Jahrzehnts gerechtfertigt. Im Jahr 2019 erklärte das Verteidigungsministerium den Pazifik zu seinem "vorrangigen Schauplatz". Doch bereits 2012 hatten Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton ihre Taktik aufgezeigt, indem sie durch die sogenannte "Wende nach Asien" den Großteil der militärischen Feuerkraft der USA in den asiatisch-pazifischen Raum verlagerten und versuchten, Chinas Rolle in regionalen Handels- und Sicherheitsorganisationen zu beschränken. Diese längere Geschichte des militärischen Aufbaus gegenüber China spricht für die Tatsache, dass die Strategie des Neuen Kalten Krieges lange Zeit eine parteiübergreifende Bestrebung war. Während die Republikaner den Angriff auf die Zerstörung der Bemühungen des Repräsentantenhauses anführten, scheiterte die Abstimmung in der Tat mit 93-324 Stimmen. 139 Demokraten stimmten zusammen mit 185 Republikanern gegen die zehnprozentige Kürzung der Militärausgaben.
Die COVID-19 Krise hat einmal mehr die gewaltsamen Widersprüche des Neoliberalismus aufgezeigt: Der Schwäche der staatlichen Sozialfürsorge steht nur die demonstrative Macht der Repressionsapparate des Staates gegenüber: Militär, Polizei und Gefängnisse. Wenn man einen Scheck in Höhe von 740 Milliarden Dollar an das Militär ausstellt, während die Menschen in den gesamten USA (unverhältnismäßig viele Schwarze-, Indigene- und Einwanderer-Communities) durch COVID-19 getroffen werden, wird die Unmöglichkeit von Gerechtigkeit und Gleichheit im eigenen Land deutlich, solange die Priorität der herrschenden Klasse im endlosen Krieg im Ausland liegt.
Wenn man einen Scheck in Höhe von 740 Milliarden Dollar an das Militär ausstellt, während die Menschen in den gesamten USA unverhältnismäßig viele Schwarze-, Indigene- und Einwanderer-Communities Gemeinschaften ) durch das COVID-19 getroffen erschüttert werden, wird die Unmöglichkeit von Gerechtigkeit und Gleichheit im eigenen Land deutlich, solange die Priorität der herrschenden Klasse im endlosen Krieg im Ausland liegt.
Die Anti-China Doktrin ist zum Eckpfeiler der militärischen Agenda der USA geworden und wird wahrscheinlich ihre geopolitische Strategie im nächsten Jahrzehnt bestimmen. Wo China sich zu einem "friedlichen Aufstieg" verpflichtet hat, der in den 1955 in Bandung erstmals artikulierten Verpflichtungen der Dritten Welt zur Nichteinmischung, Selbstbestimmung und Win-Win-Kooperation geschmiedet wurde, halten die USA an der Nullsummen-Vision eines angeblich unvermeidlichen "Wettbewerbs der Großmächte" fest.
Die Antikriegsbewegung und alle sogenannten progressiven Bewegungen müssen verstehen, dass der Widerstand gegen die einseitige Eskalation in Richtung eines Konflikts mit China auch im Interesse der innenpolitischen Kämpfe um einen fairen Lohn, erschwinglichen Wohnraum, Gesundheitsversorgung und andere progressive Bemühungen liegt, die durch einen gekürzten Haushalt des Pentagon um ein Vielfaches gefördert werden könnten. Leider haben sich zu viele Linke daran gewöhnt, die Argumente des Außenministeriums in Bezug auf die "Bedrohung" Chinas zu wiederholen, indem sie sich dafür entschieden haben, "beide Seiten anzuprangern" und unkritisch militaristische Erzählungen über angebliche chinesische Hegemoniebestrebungen zu wiederholen — trotz der Fakten. Diejenigen, die dies tun, schüren nur das Feuer der Sinophobie und des immerwährenden Krieges. Ihr Chauvinismus und Opportunismus untergräbt letztlich ihre angeblich progressiven Bemühungen.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben die Vereinigten Staaten ihre de facto militärische Besetzung der Welt mit der Berufung auf verschiedene Feinde gerechtfertigt. Von der Sowjetunion bis zum Vietkong, von Nordkorea bis zu den Taliban haben sich verschiedene geopolitische Gegenspieler als Buhmänner von unschätzbarem Wert erwiesen, um mehrere Jahrzehnte von Stellvertreterkriegen, Invasionen und Besatzungen auf der ganzen Welt zu rechtfertigen. Nun hat sich die US-Kriegsmaschine bei ihrer militärischen Erklärungstaktik auf China eingeschossen.
Das ist der narrative Knackpunkt der globalen militärischen Besatzung der USA. Ihm und der Darstellung einerr "Bedrohung durch China" zu widerstehen ist daher grundlegend wichtig für alle Kämpfe für Frieden und ein Ende des US-Imperialismus.
Foto: Qiao Collective