Briefing

PI-Rundbrief | Nr. 50 | Treffen der Drückeberger

Die COP 28 war von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Im 48. Rundbrief der Progressiven Internationale von 2023 sehen wir uns an, wie und warum die Klimakonferenz von Beginn an zum Scheitern verurteilt war. Wenn du unseren Rundbrief per E-Mail erhalten möchtest, kannst du dich über das Formular am Ende dieser Seite anmelden.
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Die Staats- und Regierungschefs der Welt werden uns nicht retten. Das war die Botschaft des 28. COP-Treffens, das diese Woche in Dubai zu Ende ging.

Die COP28 war ein katastrophaler Misserfolg, aber dieser Misserfolg ist nicht auf die individuellen Schwächen der anwesenden Verhandlungsführer*innen zurückzuführen. Er war vorherbestimmt: Die COP kann nicht funktionieren, solange das globale Machtgefüge so bleibt, wie es aktuell ist.

Es gibt immer noch keinen Mechanismus, der die reichen Länder des Nordens dazu zwingen würde, den Süden bei der Anpassung an den Klimawandel und bei den Verlusten und Schäden, die sie durch die Klimakatastrophe erleiden, zu unterstützen. Deswegen werden die Ziele für Finanz- und Technologietransfers niemals erreicht werden. So wird die Zusage, weltweit 100 Milliarden Dollar pro Jahr für die Klimafinanzierung aufzubringen, jedes Jahr nach hinten verschoben. Der viel gepriesene Loss and Damage Fund, der bis 2030 voraussichtlich über 200 Milliarden Dollar pro Jahr benötigen wird, hat bisher nur 700 Millionen Dollar an Zusagen erhalten - also nicht einmal tatsächliches Geld. Die USA haben lediglich 17 Millionen Dollar für diesen Fonds zugesagt. Man vergleiche das mit den 14 Milliarden Dollar in Form von Waffen für Israel, damit das Land seinen militärischen Vernichtungsfeldzug in Gaza fortsetzen kann.

100 Milliarden Dollar klingen nach viel Geld - und das wäre es auch für die Staaten des Globalen Südens, die sich an die schlimmsten Auswirkungen des Klimazusammenbruchs anpassen müssen. Andererseits sind diese 100 Milliarden jedoch nur rund 0,1 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

Der größte strukturelle Fehler der COP ist aber nicht einmal der Geiz und die Heuchelei des Globalen Nordens; es ist vielmehr die übergroße Macht von Big Oil im globalen System.

Diese Dominanz wurde in Dubai deutlich sichtbar - und machte nach Henry Kissingers Nobelpreis zum zweiten Mal deutlich, dass die Realität immer noch die beste Satire schreibt. Die Konferenz wurde vom Vorstandsvorsitzenden eines Ölkonzerns geleitet und war vollgepfropft mit Fossil-Lobbyist*innen, deren Zahl sich auf 2.400 Teilnehmende vervierfachte. Damit stellte die Fossilindustrie die mit Abstand größte “Delegation”.

Es sollte daher nicht schockieren oder überraschen, dass die COP28-Teilnehmenden es wie bei allen vorherigen COPs wieder nicht geschafft haben, sich auf den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu einigen oder eine konkrete Frist dafür festzulegen. Stattdessen wird im Abschlussdokument vorgeschlagen, dass die Staaten die Produktion fossiler Brennstoffe “zurückfahren” könnten - natürlich ohne jeglichen Zwang. Die Forderungen von über 120 Ländern, die Produktion neuer fossiler Brennstoffe vollständig einzustellen, wurden ignoriert.

Der Klimakollaps kann nicht abgewendet werden, ohne das allergrößte Problem anzugehen: Fossile Brennstoffe sind der Motor unseres globalen Systems. Das muss sich ändern. Eine Erhöhung der Investitionen in sauberere Energiequellen allein reicht offensichtlich nicht aus: Auf der COP28 wurde eine Verdreifachung der Kapazitäten für erneuerbare Energien bis 2030 vereinbart, aber - wie wir an der Politik von Joe Biden, dem Präsidenten des größten Ölproduzenten der Welt, sehen - ist die Ausweitung der Investitionen in saubere Energien durchaus mit einer Ausweitung der Investitionen in fossile Brennstoffe vereinbar.

Tatsächlich steigen diese Investitionen in fossile Brennstoffe weiter an, weil sie profitabel sind - und wir im Kapitalismus leben. Wie wir in den vergangenen zwei Jahren beobachten konnten, haben steigende Preise zu höheren Gewinnen und damit zu mehr Investitionen in fossile Brennstoffe geführt. Gleichzeitig sorgen die hohen und teils weiter steigenden Zinsen für Druck auf Investitionen in erneuerbare Energien, die anfangs sehr viel kostenintensiver sind.

Das bestehende globale Wirtschaftssystem wird uns nicht retten. Es verdammt uns vielmehr dazu, auf einem Planeten zu leben, der für menschliches Leben immer unwirtlicher wird. 2023 war ein Jahr mit katastrophalen Wetterextremen, von Hitzewellen in Europa über eine Flutkatastrophe in Libyen bis hin zum Feuerinferno in Kanada. Von Januar bis Oktober lag die Temperatur 1,43 Grad über dem vorindustriellen Durchschnitt. Nächstes Jahr wird es noch schlimmer und neue Rekorde gebrochen werden, da El Niño die globale Erwärmung auf über 1,5 Grad Celsius beschleunigt - eine Schwelle, die das Risiko birgt, eine Kaskade von irreversiblen Kipppunkten auszulösen.

Und es kommt noch härter: Die COP 29 im kommenden Jahr wird in einem weiteren ölproduzierenden Staat stattfinden, der keinerlei Interesse an einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hat: Aserbaidschan.

Das ist das Dilemma. Die Menschheit sitzt in einem überhitzten Zug, der von Fossi-Kapitalisten gesteuert wird, die strukturbedingt gezwungen sind, die Flammen weiter anzufachen. Unsere Aufgabe ist es, soziale Kräfte zu vereinen und zu organisieren, um den Maschinenraum in Besitz zu nehmen und endlich die Notbremse ziehen zu können.

Es gibt keine Ausreden mehr; es darf keine weitere Drückeberger-COP geben.

Das Neueste aus der Bewegung

Waffenstillstand aus Menschlichkeit

153 Länder stimmten diese Woche bei den Vereinten Nationen dafür, einen Waffenstillstand für Gaza zu fordern. Die USA und Israel konnten lediglich acht andere Länder finden, die mit ihnen dagegen stimmten.

Während der Wille der großen Mehrheit der Menschen auf der Erde - und die Forderungen nach Gerechtigkeit - durch die imperiale Unterstützung der USA für Israels mörderischen Feldzug gegen die Palästinenser*innen weiter ignoriert werden, ergreifen immer mehr Bürger*innen direkte Maßnahmen gegen Israels Kriegsmaschinerie. Für Donnerstag, den 21. Dezember, hat die PI zu einem globalen Aktionstag gegen den israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems und seine weltweite Lieferkette aufgerufen. In Anlehnung an die Arbeit von Palestine Action haben wir eine Online-Karte entwickelt, auf der die Standorte von Elbit Systems, seinen Tochtergesellschaften und seinen Geldgebern verzeichnet sind. Täglich werden neue Standorte hinzugefügt. Du kannst dir die Karte hier ansehen und dich auch für Aktionen eintragen.

Solche Aktionen funktionieren und haben Auswirkungen: Erst diese Woche hat Fisher German nach einer direkten Aktion angekündigt, man werde die Geschäftsbeziehungen zu Elbit Systems abbrechen. Ebenfalls diese Woche wurden die Büros von BP in London mit Streikposten belagert, um Beschäftigte und Führungskräfte am Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz zu hindern. Zuvor hatte der Konzern von den israelischen Behörden eine Bohrlizenz für Gas vor der Küste des Gazastreifens erhalten.

Guatemala wehrt sich gegen Putschversuche

In der vergangenen Woche hat die Staatsanwaltschaft Guatemalas erneut versucht, alle gewählten Vertreter*innen des Movimiento Semilla, einem Mitglied der Progressiven Internationale, nachträglich zu disqualifizieren und den Fakt, dass sie gewählt wurden, für “null und nichtig” zu erklären. Diese Aktion ist ein weiterer Versuch, die Ergebnisse der guatemaltekischen Parlamentswahlen 2023 zu annullieren.

Movimiento Semilla erklärte angesichts dieses jüngsten Vorstoßes: “Wir sind Zeuginnen und Zeugen der letzten verzweifelten Versuche, der letzten zaghaften Schritte eines versuchten Staatsstreichs. Dieser Putschversuch richtet sich nicht gegen [den gewählten Präsidenten] Bernardo Arévalo oder [die gewählte Vizepräsidentin] Karin Herrera. Er richtet sich auch nicht gegen das Movimiento Semilla. Er richtet sich gegen Guatemala.”

Nach dem Schritt der Generalstaatsanwaltschaft in der vergangenen Woche hat das Oberste Wahlgericht (TSE) die Ergebnisse der Wahlen von 2023 einmal mehr als “gültig, offiziell formalisiert und unabänderlich” bezeichnet. Die Amtseinführung des gewählten Präsidenten Bernardo Arévalo ist für den 14. Januar 2024 geplant.

MVIWATA wird 30

Diese Woche hat das tansanische PI-Mitglied MVIWATA sein 30-jähriges Bestehen mit einer Konferenz und der jährlichen Generalversammlung gefeiert. An der Konferenz der Organisation nahmen rund 1.500 Delegierte teil, die die mehr als 300.000 Mitglieder von MVIWATA vertraten. Sie trafen sich in der Stadt Njombe, um über die Zukunft ihrer kraftvollen und weiter wachsenden Bäuerinnenbewegung zu sprechen. 

In seiner Eröffnungsrede erinnerte der geschäftsführende Direktor Stephen Ruvuga die Delegierten daran, dass MVIWATA gegründet wurde, um den Bäuerinnen und Bauern Würde zu geben - etwas, dem die Wende zum Neoliberalismus seit den frühen 1990er Jahren entgegensteht. Die Sprecherin des tansanischen Parlaments nahm an der Konferenz teil und hielt eine Ansprache; das Landwirtschaftsministerium glänzte hingegen durch Abwesenheit. Auch 30 Jahre nach Gründung von MVIWATA geht der Kampf um die Würde der Landwirt*innen weiter.

Belmarsh Tribunal zurück in Washington

Das Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange geht in die letzte Phase - und der internationale Druck für seine Befreiung wächst. Von Präsident*innen und Premierminister*innen bis hin zu Friedensnobelpreisträger*innen gibt es einen globalen Aufrei in der internationalen Gemeinschaft gegen die Ungerechtigkeit von Assanges Verfolgung - und deren Auswirkungen auf die Pressefreiheit weltweit.

Am Samstag, dem 9. Dezember, versammelten sich weltweit führende Journalist*innen, Anwält*innen und Menschenrechtsaktivist*innen im National Press Club in Washington, D.C., um als Zeug*innen für das harte Vorgehen der Biden-Regierung gegen die Meinungsfreiheit und den ersten Verfassungszusatz aufzutreten. Du kannst dir das gesamte Tribunal hier ansehen.

Wie drei Mitglieder des Belmarsh Tribunal - der Ex-CIA-Beamte John Kiriakou, der griechische Ökonom und Politiker Yanis Varoufakis sowie Lina Attalah, Co-Gründerin und Chefredakteurin von Mada Masr - in einem Artikel für The Nation schreiben, könnte Assanges Schicksal “das Leuchtfeuer für Transparenz, das er repräsentiert, endgültig ersticken” - und Auswirkungen weit über die Grenzen der USA hinaus haben.

Hat das sozialistische Kuba das beste Gesundheitssystem der Welt?

The International ist eine weltweit verfügbare Videoserie von Jacobin und der Progressiven Internationale. Episode #4 befasst sich mit dem kubanischen Gesundheitssystem.

Seit über 60 Jahren halten die USA ein harsches Embargo gegen die Insel Kuba aufrecht, um dort “Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung herbeizuführen”, wie es in einem Memorandum des US-Außenministeriums aus dem Jahr 1960 heißt.

Doch entgegen aller Widrigkeiten hat Kuba ein revolutionäres Modell wissenschaftlicher Innovation und ärztlicher Versorgung entwickelt, das nicht nur eine universelle Gesundheitsversorgung für seine eigenen Bürgerinnen und Bürger sicherstellt, sondern auch - in Form seiner weltweit aktiven medizinischen Brigaden - Millionen Menschen im Globalen Süden kostenlos mit hochwertigen medizinischen Leistungen versorgt.

In Episode #4, erzählt Dr. Samira M. Addrey - die ihren Doktor an der kubanischen Medizin-Hochschule Escuela Latinoamericana de Medicina gemacht hat - die Geschichte von Kubas revolutionärem Gesundheitsmodell. Der US-Regierung wäre es vermutlich lieb, dass Informationen über dieses Erfolgsmodell möglichst unbeachtet bleiben.

Democratic Socialists of America reisen nach Okinawa

DSA-Mitglieder haben an einem einwöchigen Delegationsbesuch nach Okinawa und Yokosuka teilgenommen, um dort US-Militärbasen zu besichtigen und Anti-Kriegs-Organisator*innen zu treffen, die gegen die anhaltende US-Militärbesetzung kämpfen. Sie haben einen kurzen Dokumentarfilm über die Reise gedreht. Diesen kannst du hier sehen.

Kunst: Freedom Watermelons von Cibelle Cavalli Bastos ist eines von drei limitierten Postern in der ersten von Ché Zara Blomfield für die Progressive Internationale kuratierten Kunstedition. Dieses Poster sowie der Rest der Serie und weitere Kunstwerke sind über den PI-Workshop erhältlich.

Available in
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Date
15.12.2023
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